Streitgespräch Martin Dulig & Dr. Jörg Brückner

Das Verhältnis zwischen dem Präsidenten der Vereinigung der sächsischen Wirtschaft (VSW), Jörg Brückner, und Sachsens Wirtschaftsminister Martin Dulig (SPD) ist nicht ganz reibungsfrei. Bislang haben sie hinter verschlossenen Türen über die richtigen Antworten auf die Fragen der Zukunft gestritten. Am 22.03.2023 trafen nun beide erstmalig in einem öffentlichen Streitgespräch aufeinander. Das Wirtschaftsministerium hatte zum Schlagabtausch ins Dresdner Kulturkraftwerk geladen, um darüber zu diskutieren, was zu tun sei, um den Wohlstand für die künftigen Generationen zu sichern.

Brückner und Dulig waren sich darin einig, dass wieder ein „Ruck“ durch Sachsen gehen muss. Da hörte die Harmonie aber auch auf. Für den Wirtschaftsminister ist einer der obersten Prioritäten der Ausbau der Erneuerbaren Energien, deren Verfügbarkeit inzwischen eine Standortfrage ist. Statt beim Aufbau einer modernen Wasserstoff- oder Breitbandinfrastruktur immer von Förderprogrammen des Bundes abhängig zu sein, stellte er die Idee einer sächsischen Investitionsgesellschaft vor. Sie soll in erster Linie in den Infrastrukturbereich investieren, könnte sich aber auch an strategisch wichtigen Start-ups und Unternehmen beteiligen.

Finanziert werden könnte eine solche Investitionsgesellschaft unter anderem aus einem Teil der jährlichen Haushaltsüberschüssen und den Rücklagen für den Generationsfonds des Freistaats zur Sicherung der Beamtenpensionen. „Wir haben momentan 9 Milliarden Euro Rücklagen. Mit jeder Zuführung zum Generationsfonds verbrennen wir Geld, solange die Zinsen niedrig sind“, so Dulig. Er schlägt vor, die Anlagestrategie zu ändern und in Wasserstoff-, Glasfaser- und Stromnetze zu investieren. Das Geld sei nicht verschenkt, sondern würde durch Gebühren für die Nutzung aus der Wirtschaft zurückfließen. So will der SPD-Politiker den digitalen Wandel und den Umbau des Energiesystems beschleunigen.

Der Arbeitgeberpräsident findet die Idee nicht unbedingt schlecht, fragt sich aber, wer bereit sein soll, dafür Geld zu geben. Brückner pochte wiederholt darauf, der Staat dürfe nicht immer neue Schulden machen, sondern müsste alte Schulden zurückzahlen, um diese Lasten nicht den künftigen Generationen zu hinterlassen. Während er warnte: „Hände weg von einer Verfassungsänderung“, betonte Dulig, er hoffe sehr darauf, „dass wir die Schuldenbremse in der Verfassung ändern werden, damit wir mehr investieren können“. Die Schuldenbremse verpflichte zur Tilgung der Kredite für die Bewältigung der Corona-Pandemie innerhalb von achten Jahren, klagte der SPD-Politiker. Brückner hatte da wenig Mitleid: „Sie haben Corona-Darlehen an die Wirtschaft ausgezahlt, die innerhalb von zehn Jahren zurückgezahlt werden müssen. Warum soll das gleiche Prinzip nicht für den Staat gelten.“

Auch bei der Lösung des drängenden Fachkräfteproblems gingen die Positionen weit auseinander. Dulig betonte, man müsste auf die Arbeitszeitbedürfnisse der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen eingehen, um die Bindekräfte an die Unternehmen zu stärken. Brückner forderte, dass Schluss sein müsste mit immer neuen Teilzeitmodellen und die Rente mit 63. Die Sachsen müssten wieder mehr und länger arbeiten, wenn sie international wettbewerbsfähig sein wollen.

Wer wissen will, wer die überzeugenderen Argumente hatte, wie die drei "D"-Herausforderungen der Zukunft - Demografischer Wandel, Digitalisierung und Dekarbonisierung ´- gemeistert werden könnten, kann sich hier das Gespräch selbst anhören. Die Diskussion, die mit jeder Minute emotionaler wurde, verdiente ihren Titel „Streitgespräch“.

Quelle: Wirtschaft in Sachsen (DDV Sachsen GmbH)

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