Das BAG hat mit Urteil vom 25.04.2023 (9 AZR 187/22) entschieden, dass es den Arbeitnehmer grundsätzlich nicht unangemessen benachteiligt, einzelvertraglich zu vereinbaren, dass sich der Arbeitnehmer an den Kosten einer vom Arbeitgeber finanzierten Fortbildung beteiligen muss, falls er diese nicht abschließt. Dabei ist es jedoch unzulässig, die Rückzahlungspflicht allein an das Nichtablegen der Prüfung zu knüpfen, ohne auf die praktisch relevanten Gründe hierfür Rücksicht zu nehmen.
Sachverhalt
Die Klägerin betreibt eine Kanzlei und beschäftigt die Beklagte als Buchhalterin. Die Beklagte partizipiert an einem Lehrgang. Nach Beginn der Teilnahme schließen die Parteien einen Fortbildungsvertrag, in dem es auszugsweise heißt: „§ 5 Das in Anspruch genommene Förderbudget ist zurückzuzahlen, wenn 1. die Angestellte innerhalb von 24 Monaten nach bestandenem Examen das Unternehmen verlässt, 2. die Angestellte innerhalb von 24 Monaten nach nicht bestandenem Berufsexamen das Unternehmen verlässt, 3. die Angestellte das Examen wiederholt nicht ablegt. Die Rückzahlungsmodalitäten im Einzelnen: (…) Zu Abbruch das Examens: falls die Angestellten nach Erhalt der Förderung das Examen nicht ablegt, ist der gesamte gewährte Vorderbetrag zurückzuzahlen, wenn auch diese Prüfung nicht angetreten wurde. Das gilt auch, wenn der Angestellte das Unternehmen in diesem Fall aufgrund eigener Kündigung oder einer verhaltensbedingten Kündigung durch den Arbeitgeber oder sonstige Auflösung aus gleichem Grund verlässt“. Darüber hinaus enthält die Vereinbarung noch eine Härtefallregelung für Nichtablegung des Examens aus nicht vom Arbeitnehmer zu vertretenden objektiven Gründen. Die Beklagte tritt zu den Prüfungen in den Jahren 2018, 2019 und 2020 jeweils nicht an und kündigt das Arbeitsverhältnis. Die Klägerin begehrt Rückzahlung der Fortbildungskosten. Die Vorinstanzen gaben der Klage statt.
Entscheidung
Die Revision der Beklagten ist erfolgreich. Der Klägerin steht gegen die Beklagte keinen Rückzahlungsanspruch bezüglich der Fortbildungskosten zu. Die im Fortbildungsvertrag getroffenen Abreden sind vorformulierte Vertragsbedingungen ohne persönliche Besonderheiten und stellen damit Allgemeine Geschäftsbedingungen dar. Die Durchführung der AGB-Kontrolle ergibt, dass § 5 Nr. 3 des Fortbildungsvertrages zu einer unangemessenen Benachteiligung i. S. v. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB führt und damit unwirksam ist. Zwar sind einzelvertragliche Vereinbarungen zu Rückzahlungsverpflichtungen bei Fortbildungsfinanzierungen des Arbeitgebers grundsätzlich zulässig. Allerdings kann eine Anknüpfung der Rückzahlungspflicht an ein wiederholtes Nichtablegen des Examens einen die Berufsfreiheit des Arbeitnehmers beeinträchtigenden Bleibedruck auslösen. Um eine Rückzahlungspflicht der Fortbildungskosten von einem wiederholten nicht Ablegung der Prüfung abhängig machen zu können, müssen daher die Gründe hierfür betrachtet und genannt werden. Nach Auffassung des BAG entspricht die im Förderungsvertrag vorgesehene Härtefallregelung diesen Grundsätzen nicht. Denn sie sieht in unzulässiger Weise keine Ausnahme von der Rückzahlungspflicht für den Fall vor, dass der Arbeitnehmer das Examen deshalb wiederholt nicht ablegt, weil ihm die Fortführung des Arbeitsverhältnisses aufgrund eines arbeitgeberseitigen Fehlverhaltens nicht mehr zumutbar ist und er es deshalb kündigt.
Bewertung
Bei der Formulierung grundsätzlich zulässiger einzelvertragliche Rückzahlungsvereinbarungen für arbeitgeberseitige Fortbildungsförderungen ist daher zu besonderer Sorgfalt zu raten. Um die Rückzahlung an das wiederholte Nichtablegen einer Prüfung knüpfen zu können, muss nach den hierfür in Betracht kommenden Gründen differenziert werden. Daher sind von der Rückzahlungspflicht Gründe auszunehmen, die nicht in der Sphäre des Arbeitnehmers liegen.
Quelle: VBF Nord