Am 15. August 2023 fand ein virtueller Austausch zwischen der BA und dem ZDH (Zentralverband des Deutschen Handwerks e. V. ) zum Thema Kurzarbeit in der Bauwirtschaft statt. Neben dem Austausch am 15. August 2023 hat der ZDH eine Informationsunterlage erarbeitet, in der die Anspruchsvoraussetzungen für das Kurzarbeitergeld kurz und praxisgerecht erläutert werden. Diese enthält darüber hinaus Hinweise, was vom Betrieb bei der Anzeige darzulegen ist und welche Nachweise zu erbringen sind.
Kurzarbeitergeld in der Baubranche (außerhalb von Saison-Kurzarbeitergeld)
Von Betrieben der Bau- und Ausbaubranche wird wegen Auftragsstornierungen und Auftragsrückgängen vermehrt Kurzarbeit angezeigt. Eine Gewährung von Kurzarbeitergeld (Kug) ist nur möglich, wenn die gesetzlichen Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind.
Voraussetzungen
Für die Anzeige von Kurzarbeit ist zu beachten: Die Anzeige muss in dem Monat bei der Agentur für Arbeit eingehen, in dem die Kurzarbeit beginnt. Zuständig ist die Agentur für Arbeit am Betriebssitz. Die Arbeitszeitverkürzung muss mit den Beschäftigten bzw. der Betriebsvertretung vereinbart worden sein.
Mit der Anzeige ist glaubhaft zu machen, dass ein erheblicher Arbeitsausfall vorliegt und die betrieblichen Voraussetzungen für das Kurzarbeitergeld erfüllt sind. Der anzuzeigende erhebliche Arbeitsausfall bestimmt sich nach § 96 SGB III.
Vier Dinge sind zum Nachweis des erheblichen Arbeitsausfalls darzulegen:
1. Wirtschaftliche Gründe:
Nicht alle wirtschaftlichen Ursachen begründen einen Anspruch auf Kug, insbesondere nicht solche, die zum Betriebsrisiko gehören.
Wirtschaftliche Ursachen für Arbeitsausfälle im Sinne des Kug liegen vor bei konjunkturell bedingten Auftrags-/Nachfragerückgängen, strukturellen Veränderungen in einzelnen Branchen oder Regionen der Wirtschaft oder Störungen in der (internationalen) Arbeitsteilung und sind damit Ursachen, die sich durch Marktveränderungen/-verschiebungen aus der Teilnahme des Betriebs am Wirtschaftsleben ergeben. Beispiele für wirtschaftliche Gründe sind z.B. Auftragsmangel/-stornierungen wegen Rezession bzw. Konjunkturschwäche oder Materialengpässe wegen der Störung von Lieferketten.
Hinweis:
Legen Sie in der Anzeige Ihren individuellen Grund des Arbeitsausfalls ausführlich dar! Ein Grund für den Arbeitsausfall kann z. B. sein, dass der Auftraggeber den Auftrag wegen gestiegener Baukosten storniert oder wegen Klärung der Finanzierung verschoben hat. Ein anderer Grund kann die mangelnde Verfügbarkeit eines Baustoffs sein. Ein Verweis allein auf gestiegene Zinsen und Materialkosten stellt keinen wirtschaftlichen Grund dar. Preissteigerungen sind dem allgemeinen Betriebsrisiko zuzurechnen.
2. Der Arbeitsausfall ist vorübergehend
Um einen Anspruch auf Kug zu haben, muss der Arbeitsausfall vorübergehend sein. Ein vorübergehender Arbeitsausfall liegt nur dann vor, wenn sich aus den Gesamtumständen des Einzelfalls ergibt, dass mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit in absehbarer Zeit (diese orientiert sich an der Bezugsdauer für das Kug) wieder mit dem Übergang zur Vollarbeit zu rechnen ist.
Hinweis:
Da derzeit davon auszugehen ist, dass die Kosten für Material und Baufinanzierung mittelfristig hoch bleiben, genügt in der Anzeige allein ein Verweis hierauf nicht, da die vorübergehende Natur in diesem Fall nicht gegeben ist. Auch Hinweise auf eine generelle Besserung der Konjunktur reichen nicht. Entscheidend sind die konkreten Umstände, die je nach Betrieb variieren. Legen Sie glaubhaft dar, warum aus Ihrer Sicht ein vorübergehender Arbeitsausfall vorliegt und was Sie zur Wiederaufnahme der Vollarbeit aktiv unternehmen bzw. planen zu unternehmen (z.B. neue Kunden akquirieren, Teilnahme an neuen Ausschreibungen, Portfolio erweitern, neue Bezugswege für Materiallieferungen)!
3. Arbeitsausfall nicht vermeidbar
Unvermeidbar ist ein Arbeitsausfall nur dann, wenn der Betrieb vergeblich versucht hat, den Arbeitsausfall abzuwenden oder einzuschränken. Vor der Gewährung von Kug müssen daher Überstunden ab- und bei entsprechender betrieblicher oder tarifvertraglicher Vereinbarung auch Minusstunden aufgebaut werden, Beschäftigte Urlaub nehmen (sofern es nicht gegen die individuelle Planung verstößt) und Mitarbeitende in anderen nicht betroffenen Abteilungen eingesetzt werden.
Als vermeidbar gilt ein Arbeitsausfall insbesondere, wenn Kurzarbeit zur Vorratsstreckung, zum Abwarten der Preis- und Lohnentwicklung oder zur Umgehung wirtschaftlicher Unrentabilität eingeführt werden soll. Arbeitsausfälle aus überwiegend branchen-/ betriebsüblichen oder saisonbedingten oder betriebsorganisatorischen Gründen (z.B. Produktionsumstellungen technischer Art) sind den Betriebsrisiken zuzuordnen und daher vermeidbar.
Hinweis:
Legen Sie in der Anzeige glaubhaft dar, dass der Arbeitsausfall unvermeidbar ist! So müssen Sie z.B. im Falle einer mangelnden Verfügbarkeit eines Baustoffs prüfen, ob der Baustoff anderweitig (ggfs. auch zu höheren Kosten) bezogen werden kann oder ob ein Arbeitsausfall intern kompensiert werden kann (z. B. durch Einsatz der Mitarbeitenden in anderen Bereichen des Betriebs).
4. Mindestens ein Drittel der Beschäftigten mit mehr als 10 % Entgeltausfall betroffen
Es muss im jeweiligen Kalendermonat (Anspruchszeitraum) mindestens ein Drittel der in dem Betrieb oder der (abgegrenzten) Betriebsabteilung Beschäftigten von einem Entgeltausfall von jeweils mehr als 10 Prozent ihres monatlichen Bruttoentgelts betroffen sein. Arbeitsausfälle, die unter dieser gesetzlichen Grenze im Betrieb eintreten, können nicht durch Kug ausgeglichen werden. Ein späterer Wechsel im selben Arbeitsausfall zwischen Betrieb und Betriebsabteilung wegen rückläufiger Kurzarbeit ist nicht möglich.
Fazit
Die Entscheidung, ob Kug gezahlt werden kann, ist immer eine Entscheidung im Einzelfall. Die Dienststellen der BA führen bei jeder Anzeige ein Prüfgespräch durch, in dem der anzeigende Betrieb beraten und Sachverhalte ergänzend aufgeklärt werden können.
Weiterführende Informationen zum Thema Kurzarbeit unter arbeitsagentur.de (Unternehmen > Finanzielle Hilfen > Übersicht Kurzarbeitergeldformen > Kurzarbeitergeld)
Quelle: VBF Nord // Bundesagentur für Arbeit 2023 & Zentralverband des Deutschen Handwerks e. V. (ZDH)