Das BAG hat mit Urteil vom 23.03.2021 (3 AZR 224/20) entschieden, dass wenn im Protokoll nicht festgestellt wird, dass ein Urteil verkündet wurde, die Verkündung nicht bewiesen ist. Das Bundesarbeitsgericht entschied, dass in diesem Fall nur ein Entscheidungsentwurf ohne Wirkung vorliegt, aber kein Urteil. Ohne einen Abschluss sei die Sache auch noch in der Instanz anhängig, die den Fehler begangen hat.
I. Sachverhalt
Ein Mann forderte von seiner Arbeitgeberin nach einem Betriebsübergang unter anderem eine Versorgungszusage und einen Dienstwagen. Das Arbeitsgericht Wuppertal gab dem Elektroinstallateur teilweise Recht. Allerdings vergaß es, das Urteil zu verkünden: Die Mitglieder der Kammer unterschrieben zwar alle das Urteil, es existierte aber kein Protokoll darüber, dass es öffentlich verkündet wurde. Der Kammervorsitzende verfügte auch nicht selbst die Zustellung des Urteils. Die Geschäftsstelle brachte einen Verkündungsvermerk auf der Urteilsausfertigung an und schickte es an die Streitenden. Nachdem beide Parteien gegen das Urteil Berufung eingelegt hatten, verzichteten sie ausdrücklich darauf, diesen Fehler zu rügen. Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf entschied in der Sache gegen den Arbeitnehmer, der sich daraufhin mit der Revision an das Bundesarbeitsgericht wandte – mit einem für ihn unerwarteten Ergebnis.
II. Entscheidungsgründe
Dem BAG zufolge haben die Wuppertaler Richter überhaupt kein Urteil erlassen, weil es nicht in einer öffentlichen Sitzung verkündet wurde. Eine Verkündung könne nach § 165 ZPO in Verbindung mit § 160 Abs. 3 Nr. 7 ZPO nur mit einem Protokoll bewiesen werden und genau ein solches fehle. Der Verkündungsvermerk des Urkundsbeamten könne das Protokoll nicht ersetzen, weil dieser Vermerk nur bezwecke, die Übereinstimmung des Urteilstenors mit der Urteilsformel zu belegen – nicht aber die Verkündung selbst. Auch eine anderweitige Verlautbarung des "Urteils" sei nicht gegeben: Ohne eine vom Vorsitzenden erteilte Verfügung zur Zustellung an die Parteien sei kein Wille des Richters erkennbar, dass er eine Bekanntmachung wolle. Der beidseitige Rügeverzicht heile den Mangel nicht, weil die Parteien diesbezüglich nicht dispositionsbefugt seien, § 295 Abs. 2 ZPO. Es bleibe nur ein Entscheidungsentwurf ohne rechtliche Wirkung.
Das BAG hob die Entscheidung des LAG auf und verwies die Sache zur ersten Instanz zurück. Denn ohne Abschluss sei sie nach wie vor noch dort anhängig. Das LAG habe gar keine Sachentscheidung treffen dürfen. Allerdings beschränkt sich die Verweisung laut dem 3. Senat auf die Entscheidungsteile, die durch ein zulässiges Rechtsmittel in die Revisionsinstanz gelangt sind, weil das BAG nur über diese entscheiden kann. Soweit das LAG die Berufung nicht zugelassen habe, sei das statthafte Rechtsmittel die Nichtzulassungsbeschwerde gewesen – und nicht die Revision. Dieser Teil sei nun rechtskräftig.